Es ist die mittlerweile 68. Regierung in Italien seit 1946. Entsprechend hoch sind die Erwartungen an die voraussichtlich neue Regierungschefin Giorgia Meloni von Fratelli d’Italia und ihr Bündnis mit der rechtspopulistischen Lega und der konservativen Forza Italia. Die politische Instabilität mit ihren häufigen Regierungswechseln ist dem Wunsch der Bevölkerung nach Veränderung, um schließlich Stabilität zu erreichen, geschuldet. Wirtschaftspolitisch keine leichte Aufgabe, denn die Staatsverschuldung ist mit rund 150 Prozent des BIP nach wie vor sehr hoch – nach Griechenland der zweithöchste Wert in Europa. „Für die EU ist es enorm wichtig, dass Italien auf den Finanzmärkten glaubwürdig bleibt. Italien hat als eine der größten Volkswirtschaften in Europa eine ganz andere Dimension als Griechenland”, sagt Michael Löwy, Bereichsleiter Internationale Beziehungen und Märkte bei der IV.
Gerade der hoch industrialisierte Norden Italiens sei eines der bedeutendsten Wirtschaftszentren der EU und auch für Österreich ein wichtiges Zentrum des Handels und der Investitionen. Italien ist für Österreich bei Exporten die zweitwichtigste Destination nach Deutschland: 2021 exportierten österreichische Unternehmen Waren im Wert von mehr als elf Milliarden Euro in das südliche Nachbarland. Neben der hohen Staatsverschuldung wird sich Melonis Regierung für ein Eindämmen der Inflation einsetzen müssen und die Umsetzung des gewichtigen EU-Wiederaufbauplans vorantreiben. Italien ist der größte Empfänger dieser EU-Hilfsgelder und muss dafür in den kommenden Monaten und Jahren noch zahlreiche Meilensteine erreichen.
Und dann ist da noch die Energiekrise. Italien ist gemessen am Energieverbrauch auf Rang vier der europäischen Länder. Bisher ist es bereits gelungen, den Anteil an russischem Gas bei den Gasimporten von 40 Prozent auf 25 Prozent zu senken. Für Italien wird es aber wichtig bleiben, strategische Partnerschaften zu schließen oder auszubauen. „Der Kurs der Regierung wird davon bestimmt sein, mit afrikanischen Nachbarn für Energiesicherheit in Italien zu sorgen”, sagt Löwy. Die Frage steigender Preise hingegen ist kompliziert: „Angesichts der hohen Staatsschulden stellt sich natürlich die Frage, welchen Spielraum das Bündnis überhaupt für Hilfspakete wie in Österreich hat”, so Löwy. Die Erwartungen an das neue Bündnis in Italien sind hoch und der Handlungsspielraum gering – die Wirtschaftspolitik wird für Meloni keine leichte Aufgabe.