ISTA-Präsident Martin Hetzer

ISTA-Präsident Hetzer: „Innovative Wissenschaft ist eine Reise ins Unbekannte“

Im Interview mit den iv-positionen spricht der neue Präsident des Spitzenforschungsinstituts ISTA, Martin Hetzer, über Zusammenarbeit,Wissensvermittlung und Technologietransfer.

Der Molekularbiologe Martin Hetzer hat mit Anfang Jänner als zweiter Präsident die Leitung des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) übernommen. Er folgt damit Thomas Henzinger, der das Institut in den vergangenen 14 Jahren aufbaute. Bis kurz vor Amtsantritt forschte und lehrte der gebürtige Wiener Hetzer am international bekannten Salk Institute for Biological Studies und der University of California in San Diego (USA). Im Interview spricht er über Spitzenforschung in Österreich, Technologietransfer und die Zusammenarbeit mit der Industrie.

Am ISTA haben 2009 die ersten Forscherinnen und Forscher ihre Arbeit aufgenommen, heute gehört es zu den Spitzeninstituten in Europa. Was sind die wesentlichen Zutaten für den Forschungserfolg des ISTA?

Martin Hetzer: Ich würde hier sogar einen Schritt weitergehen: Das ISTA darf sich mittlerweile zu den Spitzeninstituten weltweit zählen. Die Erfolgstreiber sind klar unsere Wissenschafterinnen und Wissenschafter und deren Forschung. Unsere Aufgabe als Institut ist, ihnen dafür das ideale Umfeld und vollkommene Freiheit zu bieten, für ihre Forschung und den regen Austausch von Ideen und Methoden – das trägt natürlich zu diesem Forschungserfolg bei. Die Intention war von Anfang an: Wir wollen aus aller Welt die Besten der Besten in ihrem Fach rekrutieren. Die Person war und ist dabei immer wichtiger als das Forschungsgebiet.

Was braucht es aus Ihrer Sicht dazu, um diese Position weiter auszubauen?

Wir führen unsere Erfolgsstrategie fort: Internationalität, Spitzenforschung und Zusammenarbeit über Disziplinengrenzen hinweg. Aber wir werden uns dabei in der Größe verdoppeln, von heute 75 auf dann rund 150 Forschungsgruppen und von heute etwas über 1.000 auf dann mehr als 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. So können wir unseren Platz in der Reihe der Weltspitzeninstitute nicht nur festigen, sondern ausbauen. Sie sind seit Jänner neuer ISTA-Präsident – welche Schwerpunkte wollen Sie setzen? Meine Vision ist es, ein Wissenschaftsnetzwerk herzustellen, in dem sich Forscherinnen und Forscher frei bewegen können – und nicht durch Disziplinen eingeengt werden. Wenn man innovative Wissenschaft betreibt, ist das immer eine Reise ins Unbekannte. Das fächerübergreifende Forschen ist der Schlüssel, denn wenn man sich frühzeitig auf ein Fach festlegt, schließen sich andere Türen. Diese besondere Atmosphäre am ISTA, dass alle Felder mit allen anderen im Austausch bleiben, gilt es zu erhalten, denn dadurch schaffen wir bahnbrechende Entdeckungen, die sonst nirgendwo gelingen. Zusammenarbeit heißt aber auch Wissensvermittlung und Technologietransfer; Letzterer betrifft das „T“ in ISTA: Ich möchte in die Entwicklung von Technologien investieren, die uns neue Welten eröffnen können.

Das ISTA hat Signalwirkung für Technologietransfer aus der Grundlagenforschung. Bei Spin-offs gibt es in Österreich im internationalen Vergleich noch Luft nach oben. Wie können wir bei Deep-Tech-Ausgründungen besser werden?

Wir als ISTA haben uns auch zum Ziel gesetzt, die bestmögliche Unterstützung bei der Übersetzung wissenschaftlicher Entdeckungen zu Anwendungen zu schaffen. Wo es möglich ist, werden über Technologietransferaktivitäten Partnerschaften mit der Industrie und ein Ökosystem für Innovationen aufgebaut. Wir sind überzeugt, so an den Lösungen der großen gesellschaftlichen Zukunftsfragen mitzuwirken, sei das Klimawandel, KI oder das Altern. Der Großteil der Ausgründungen im Bereich Deep Tech stammt nach wie vor aus Amerika und Asien; Österreich, aber auch Europa hat hier Aufholbedarf. Unsere Wissenschaft kann da einen wichtigen Beitrag leisten – dafür müssen jedoch die richtigen Rahmenbedingungen vorhanden sein. Akademische Gründungen sollten daher integraler Bestandteil einer innovativen Forschungspolitik sein.

Was sind aus Ihrer Sicht wichtige Bausteine für eine erfolgreiche Partnerschaft mit der Industrie?

Die Partnerschaft mit der Industrie ist uns besonders in Hinblick auf Technologietransfer ein großes Anliegen. Wir wollen auch in Zukunft den Austausch zwischen Industrie und Wissenschaft forcieren. Dazu gehört der wichtige Aspekt, den Gründergeist auf dem Campus durch Einladungen von erfolgreichen Unternehmern, Vorträge und Workshops, Business-Ideen-Wettbewerbe und dergleichen weiter zu fördern.

Was würden Sie sich in diesem Zusammenhang von technologieintensiven Leitbetrieben in Österreich wünschen?

Ich lade jede Unternehmerin und jeden Unternehmer herzlich dazu ein, uns am ISTA- Campus zu besuchen und mit eigenen Augen zu sehen, was hier gelungen ist und weiterhin entsteht. Die Erfahrung zeigt, dass sich die Leidenschaft und der Pioniergeist unserer Forschenden übertragen und visionäre Projekte geboren werden, die sowohl Grundlagenforschung als auch industrielle Verwertung voranbringen.

Dieses Interview erschien zuerst in der Aprilausgabe des Magazins iv-positionen.