Begonnen beim Draghi Report bis zur erstmaligen Einsetzung eines EU-Kommissars für Defence Industry and Space, gibt es auf EU-Ebene eine starke Priorisierung der Raumfahrt und der Weltraumforschung. Wie sehen Sie diese Entwicklungen?
Josef Aschbacher: Draghi hat sehr klar erkannt und beschrieben, dass Weltraum eine der Schlüsseltechnologien Europas ist, wo wir aufholen müssen, um vorne dabei zu bleiben und Innovation voranzutreiben. Weltraum ist essenziell wichtig für die Gesellschaft, die Sicherheit und verschiedene Wirtschaftszweige. Auf europäischer Ebene kam es durch den neuen Kommissar, Herrn Kubilius, der sowohl für Weltraum aber auch für Verteidigung zuständig ist, zu einer großen Änderung in der Politik Europas. Dies wird sicher auch dazu führen, dass Weltraum mehr für Verteidigungs- und Sicherheitszwecke eingesetzt wird, was in der gegebenen geopolitischen Situation enorm wichtig für Europa ist.
Weltraum ist eine sogenannte Querschnittsmaterie. Welche Relevanz hat und welche Chancen bietet der Zukunftsbereich Weltraum dahingehend?
Raumfahrt ist eine Schlüsseltechnologie, die sehr viele Industriezweige bedienen wird, beginnend bei Wettervorhersagen über Navigationssysteme, Landwirtschaft, Städteplanung, Gesundheitswesen, Tourismus und viele andere Bereiche, in denen der Weltraum essenzielle Informationen bereitstellt. Wer diese an Bedeutung gewinnende Technologie nicht nützt, wird nicht zukunftsfit sein und einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Unternehmen und Wirtschaftszweigen haben. Daher ist es wichtig, Weltraum auch in Bereichen wie pharmazeutische Industrie, Tourismus, Landwirtschaft und vielen anderen Bereichen einzubauen.
Wie ist Österreich hinsichtlich Technologien für die Anwendung im Weltraum aufgestellt und welche Rolle kann Österreich in Zukunft spielen?
Österreich ist ein wichtiges Weltraumland. Seit dem Beitritt Österreichs bei der europäischen Weltraumagentur ESA hat sich sehr viel getan. Österreich verfügt über Spitzentechnologie im Hardwarebereich, dh im Satellitenbereich, beispielsweise wichtige Komponenten für verschiedenste Satelliten, die Erdbeobachtung, Navigation, Telekommunikation und Weltraumwissenschaft betreiben. Aber auch im Dienstleistungssektor ist Europa im Spitzenfeld und ist darüber hinaus dafür bekannt, eine exzellente Industrie zu haben und exzellente Qualität zu liefern. Die Ausgaben in Österreich im Weltraumsegment sind allerdings viel kleiner als in anderen vergleichbaren Ländern wie beispielsweise Belgien, Schweiz oder Niederlande, wo viel mehr Geld in den Bereich Weltraum investiert wird und sich dadurch auch für die Industrie mehr Möglichkeiten ergeben.
Was braucht es aus Ihrer Sicht in Österreich, damit Österreich seine Position im internationalen Weltraumsektor halten und ausbauen kann?
Österreich hat eine gute Weltraumstrategie, die durch den Nationalrat beschlossen wurde. Organisatorisch ist Österreich gut aufgestellt, es gibt in der FFG ein österreichisches Weltraumbüro und auch ein Weltraumforschungsprogramm. Was es braucht, sind höhere Investition, damit österreichische Unternehmen mehr profitieren und mehr Möglichkeiten haben, sich in Europa zu entwickeln und europäische Expertise ins Ausland exportieren zu können.
Wie kann Kooperation im Bereich Weltraum aussehen? Welche nationalen Partnerschaften kommen in Frage bzw. wären erstrebenswert?
Weltraum ist eine Technologie, die per Definition sehr oft mit internationalen Partnern durchgeführt wird. Gerade Europa hat durch die ESA sehr starke Vereinbarungen mit der NASA, der japanischen Weltraumorganisation, mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, mit Indien und anderen Nationen. Hier kann Österreich und Europa seine Expertise einbringen, aber auch Exportmöglichkeiten für Unternehmen eröffnet bekommen. Dies ist eine der Stärken der ESA; international stark eingebunden zu sein und dadurch Kooperationen mit globalen Partnern zu ermöglichen. In Europa hat gerade Österreich durch den Sitz des United Nations Office of Outer Space Affairs, das Büro der Vereinigten Nationen wo Weltraum global koordiniert wird, international eine global bedeutende Rolle.