Woran wir eine neue Bundesregierung messen müssen

Österreich nimmt nicht mehr am globalen Wachstum teil, weil wir uns schlicht aus dem Markt gepreist haben. Wir brauchen jetzt möglichst schnell auch einen psychologischen Effekt und müssen Unternehmern das Vertrauen in den Standort zurückgeben.

Während der langen und streckenweise sehr zähen Verhandlungen, die seit der Nationalratswahl am 29. September 2024 geführt wurden, hatte man oft den Eindruck, dass der Ernst der Lage nicht von allen Beteiligten erkannt wurde. Daher hier noch einmal in aller Deutlichkeit: Die Industrie ist im dritten Rezessionsjahr. Es ist die längste Rezession seit 1954. Wir kämpfen mit Produktionsrückgängen, steigender Arbeitslosigkeit (in der Industrie +17,8 Prozent 2024!) und nehmen nicht mehr am globalen Wachstum teil, weil wir uns schlicht aus dem Markt gepreist haben. Wir können das nicht achselzuckend auf „die globale Situation“ schieben – die Probleme sind größtenteils hausgemacht, und es ist wirklich an der Zeit, dass wir den aktuellen monatelangen Stillstand nicht weiter verlängern.

Neben einem Weg für spürbare Kostenreduktionen müssen Unternehmerinnen und Unternehmer das Vertrauen in den Standort zurückgewinnen. Nicht zuletzt die Belastungsfantasien der Gewerkschaften und der Spitze der Bundes-SPÖ haben dazu beigetragen, dass nicht mehr in Österreich, sondern an anderen Standorten investiert wird und dadurch hier Arbeitsplätze (im Übrigen auch Gewerkschaftsmitglieder!) und Innovationen verloren gehen. Den starken Sozialstaat, auf den wir zu Recht stolz sind, muss jemand finanzieren – es ist daher notwendig, die hohen Kosten bei Arbeit, Energie und durch Bürokratie zu senken und der Industrie wieder die Luft zum Atmen zu geben, die sie braucht, um weiterhin die starke Kraft der Wertschöpfung dieses Landes zu sein. Und es ist möglich, dies auch in einer durchaus heiklen Situation eines massiven Budgetdefizits zu tun.

Eine ausgabenseitige Budgetkonsolidierung ist möglich und notwendig. Wenn man mit seinem Geld nicht auskommt, muss man weniger ausgeben – das sollte selbstverständlich sein. Die Potenziale wurden ohnehin in den vergangenen Wochen von vielen Seiten aufgezeigt, deshalb sei hier nur eine Zahl herausgegriffen: Wenn wir die sehr hohe Förderquote Österreichs von 7,5 Prozent auf den Durchschnitt der EU-Länder von 5,7 Prozent senken, werden 8,3 Milliarden Euro frei. Das ist mehr als die 6,4 Milliarden Euro, die Österreich bereits 2025 jedenfalls einsparen muss. Durch Effizienzsteigerungen wäre ebenfalls viel zu gewinnen. Und schließlich bleibt noch die überbordende Bürokratie: Das Streichen unnötiger Berichtspflichten kostet nichts und würde eine Entlastung in Milliardenhöhe bringen. Zuletzt sei noch ein Hinweis erlaubt: Als Exportnation lebt Österreich von seiner Reputation im Ausland und von seiner Integration in den Binnenmarkt der Europäischen Union. Wir werden die Regierung an ihren Inhalten und Taten messen!

Ihr
Christoph Neumayer
IV-Generalsekretär