Bausteine der Zukunft

Mikrochips sind die Grundlage für Energiewende und Mobilitätswende. Mit dem „Chips Act“ will die EU die Produktion in Europa ausbauen. 

Es sind kleinste Bauteile, ohne die heute kaum mehr etwas funktioniert: Mikrochips stecken in nahezu allen Geräten. In der Pandemie ist schlagartig deutlich geworden, was es bedeutet, wenn sie fehlen – etwa in der Automobilindustrie, in der ganze Produktionen stillstanden. Mit der grünen Transformation steigt die Bedeutung der Chips noch weiter. Die Digitalisierung und damit exponentiell steigende Datenvolumina sowie die Elektrifizierung benötigen effiziente Mikroelektronik- Systeme. Die Transformation des Energie- und Mobilitätssektors lässt sich ohne Mikrochips nicht bewältigen.

Der weltweite Halbleitermarkt im engsten Sinne war 2021 556 Mrd. Dollar schwer, ist aber eine tragende Säule für Anwendungen, die rund die Hälfte des globalen BIPs ausmachen. Um hier einseitige Abhängigkeiten zu vermeiden, solle der European Chips Act zielgerichtet und schnell vorangetrieben werden, mahnten Branchenvertreter rund um IV-Vizepräsidentin, Elektronikindustrie- Fachverbands-Obmannstellvertreterin und Infineon-Austria-CEO Sabine Herlitschka im April ein. Nach der Einigung im April muss der Act nun noch durch das Europäische Parlament und den Rat offiziell angenommen werden.

Europas Position stärken

Die Chipindustrie sei global aufgestellt und es könne nicht das Ziel sein, das zu ändern, so Herlitschka; es sei aber wichtig, die Position Europas zu festigen, indem eigene Stärken gefördert würden. Diese sieht die Industrie vor allem in den Bereichen Leistungselektronik und Sensorik, die in allen Weltregionen für die Erreichung der Klimaziele benötigt werden. Infineon ist beispielsweise im Bereich der Leistungselektronik für Energieeffizienz-Anwendungen mit 20 Prozent Anteil am Weltmarkt führend. Österreich ist – bezogen auf die Größe des Landes – Europas Nummer eins bei elektronischen Bauelementen, was die Anteile an der Gesamtwertschöpfung, Gesamtbeschäftigung und der unternehmerischen F&E betrifft. Um Stärken zu sichern und weiter auszubauen, braucht es massive Investitionen, und genau da will der Chips Act ansetzen: Ziel ist es, die Produktion in Europa bis 2030 auf 20 Prozent des Weltmarkts zu verdoppeln. Industrievertreter und der österreichische Fachverband FEEI sehen den Chips Act als guten ersten Schritt; es müssten aber weitere folgen. Der Halbleitermarkt wird sich aufgrund des steigenden Bedarfs in den kommenden Jahren verdoppeln und der Act sei schlicht nicht ausreichend kompetitiv dotiert. Vorgesehen sind 43 Mrd. Euro, die überwiegend als Kofinanzierung von den Mitgliedsstaaten gestemmt werden sollen. In den USA fließen laut Fachverband, wenn man alle Instrumente berücksichtigt, bis zu 200 Mrd. Dollar in Mikrochips, in Südkorea 452 Mrd. Dollar.

500 Mrd. Euro Investitionen

In Europa brauche es insgesamt 500 Mrd. Euro an Investitionen, um die Produktion bis 2030 auf 20 Prozent des Weltmarkts zu erhöhen – für den Chips Act bedeutet das ein Fördervolumen von 200 Mrd. Euro. Für kleinere EU-Länder solle es 20 bis 50 Mrd. Euro als Ausgleichsmechanismus für Investitionen in Mikroelektronik geben, empfiehlt der Verband. Gleichzeitig müsse sich Österreich jetzt auf die nationale Kofinanzierung von Investitionen im eigenen Land vorbereiten, die von 2024 bis 2030 vorgesehen sind, und diese budgetieren. Zusätzlich sind rund 22 Mio. Euro jährlich bis 2027 an Kofinanzierung für Forschung und Entwicklung im Rahmen des Chips Joint Undertaking erforderlich. „Angesichts der wirtschaftlichen und geopolitischen Entwicklungen muss Europa seine bestehenden Stärkefelder weiter stärken, um global wettbewerbsfähig zu sein. Daher muss der Chips Act auf europäischer und nationaler Ebene faire Wettbewerbsbedingungen und Finanzierungsmöglichkeiten – auch für kleine Mitgliedsländer – schaffen“, so Herlitschka.