Indien mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern, die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt, gewinnt zunehmend an Bedeutung bei der Bewältigung globaler Herausforderungen. Fast die Hälfte der Bevölkerung ist unter 25 Jahre alt. Das Land verzeichnete 2023 ein Wirtschaftswachstum von 6,3 % – das höchste unter den G20-Staaten. Vor diesem Hintergrund befasste sich auch der IV-Ausschuss Europa & Internationale Märkte unter dem Vorsitz von Karin Exner-Wöhrer mit dem Wachstumsmarkt Indien. Zu Gast waren der Vorstandsvorsitzende der in Indien aktiven Plansee Group, Karlheinz Wex, sowie die preisgekrönte Journalistin und Direktorin des indischen Thinktanks Gateway House, Manjeet Kripalani.
„Indien ist nicht anti-westlich, es ist nicht-westlich“, hob Kripalani hervor. Im Gegensatz zu anderen Playern wie etwa China verfolge Indien nicht das Ziel, die globale Vormachtstellung zu erreichen. Themen wie die Schaffung von Arbeitsplätzen für die wachsende Bevölkerung stünden für die Regierung im Vordergrund. Indien ist für Österreich bereits jetzt eines der wichtigsten Herkunftsländer für qualifizierte Zuwanderung im Rahmen der Rot-Weiß-Rot-Karte: Über 7.000 indische Arbeitnehmer sind am heimischen Markt tätig. Indien bildet jedes Jahr die weltweit zweitgrößte Zahl an technischen Absolventinnen und Absolventen aus. Auch Karlheinz Wex hob die Bedeutung der gut ausgebildeten Mitarbeiter für die vier Produktionsstandorte der Plansee Group in Indien hervor.
Ein Investitionsschutzabkommen sowie ein umfassendes Freihandelsabkommen, das den Zugang zum indischen Markt verbessert, den Handel liberalisiert und bestehende Hürden beseitigt, brächte einen deutlichen Wettbewerbsvorteil für heimische und europäische Unternehmen im globalen Wettbewerb. Seit 2022 wird nach einer neunjährigen Unterbrechung wieder an einem Abkommen verhandelt. Bis eine Einigung erzielt werden kann, ist es wesentlich, bestehende Instrumente zu stärken, so etwa den EU-Indien-Handels-und-Technologierat (TTC). Im Rahmen des TTC soll die Kooperation in den Bereichen strategische Technologien, grüne Technologien und Handel intensiviert werden. Auch die Global-Gateway-Strategie der Europäischen Union kann eine Chance für österreichische Unternehmen darstellen: Bis 2027 sollen Investitionen in Höhe von rund 300 Mrd. Euro für Infrastrukturprojekte in EU-Partnerländern mobilisiert werden. Projekte in Indien umfassen die Sanierung der städtischen Infrastruktur (u. a. Abfallbewirtschaftung) und die Umsetzung nachhaltiger und energieeffizienter U-Bahn-Systeme.
Das Land spielt zudem eine wesentliche Rolle in der globalen Energie- und Klimapolitik: Trotz seines Status als drittgrößter Energieverbraucher der Welt und einer Verdoppelung des Verbrauchs seit 2000 gewinnen erneuerbare Energien in Indien zunehmend an Bedeutung. Das Land hat sich das Ziel gesetzt, bis 2070 klimaneutral zu werden; eine große Herausforderung, bei der auch heimische Technologieanbieter Lösungen offerieren können.