Jetzt Österreichs Erfolg auf den Weltmärkten stärken!

Österreichs Industriebetriebe sind Champions auf internationalen Märkten. Doch der  Wettbewerb wird rauer. Nur mit strategischen Weichenstellungen und kluger Vernetzung lässt sich die Position Österreichs sichern und ausbauen. 

CETA sorgte in breiten Schichten von Gesellschaft und Politik für Empörung. Als “schwarzer Tag für einen fairen internationalen Handel” wurde das 2018 ratifizierte Handelsabkommen mit Kanada bezeichnet. Fünf Jahre später ist keine der zahlreichen Befürchtungen eingetreten. Im Gegenteil: Attestierten Kritiker dem Ab-kommen nur “äußerst geringe ökonomische Effekte”, entpuppt sich der Pakt aus heutiger Perspektive als kleines Außenhandelswunder. Um satte 48 Prozent sind die österreichischen Exporte nach Kanada seit der Anwendung von CETA 2017 gestiegen. Und der Turbo wirkt nachhaltig – 2021 lagen die Warenexporte nach Kanada auf einem Rekordwert von 1,4 Milliarden Euro, im ersten Halbjahr 2022 gab es erneut einen Zuwachs im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als 19 Prozent. Vor allem Maschinen-bauprodukte und Metallwaren aus Österreich sind iin Kanada gefragt, aber auch Getränke erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. 

Die Erfolgsgeschichte des Abkommens, das den Handel zwischen Österreich und Ka-nada beflügelt hat, erinnert eindringlich an die Stärken der österreichischen Industrie, mit hochqualitativen Produkten weltweit zu punkten. Mit einer Exportquote von 59,4 Prozent am BIP wird mehr als die Hälfte des Wohlstandes jenseits der Grenzen erwirtschaftet. 2021 wurde mit 166 Milliarden Euro ein Exportrekord erzielt – für 2022 rechnet das WIFO damit, dass Waren im Wert von 180 Milliarden Euro aus Österreich exportiert werden. Bei den Pro-Kopf-Exporten liegt Österreich laut Eurostat weltweit auf Platz 7. 

Industrie ist Exportweltmeister

Große Unternehmen exportieren besonders viel, wie eine aktuelle Studie vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) und dem Austrian Institute of Technology (AIT) zeigt. Während Unterneh-men mit bis zu 49 Beschäftigten im Schnitt weniger als 20 Prozent ihrer Umsätze im Ausland erzielen, sind Firmen mit mehr als 1.500 Beschäftigten fast ausschließlich Exporteure (97 Prozent Umsatzanteil). „Exportweltmeister sind vor allem die großen Leitbetriebe in der Industrie“, sagte der Co-Autor der Studie, Bernhard Dachs vom AIT. Gemeinsam mit Robert Stehrer, wissenschaftlicher Direktor des wiiw, hatte er für die Studie 5.000 Unternehmen aus der Sachgüterproduktion analysiert.
Das Klima auf internationalen Märkten wird jedoch rauer, die Wettbewerbsfähigkeit dieser Unternehmen ist durch multiple Krisen unter enormen Druck geraten. Es gibt allerdings noch Maßnahmen, die Österreichs Position in dieser turbulenten Zeit auf dem Weltmarkt stärken können. “Ein logischer Schritt sind weitere Abkommen mit Ländern und Weltregionen, um heimischen Unternehmen die Türen zu potenziellen neuen Kunden zu öffnen und ihnen einen Vorteil zu verschaffen – oder zumindest Nachteile aus dem Weg zu räumen”, sagt Michael Löwy, Bereichsleiter Internationale Beziehungen & Märkte. 

Mercosur ist eine solche Region. Die Wirtschaftsgemeinschaft, die Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay umfasst, hat in Summe rund 266 Millionen Einwohner. 2021 erreichten die heimischen Warenex-porte nach Mercosur einen Wert von 930,3 Millionen Euro. Der bisherige EU-Handel mit der Mercosur-Region sichert in Österreich 32.000 Arbeitsplätze. 1.400 heimische und 60.500 EU-Unternehmen sind dort aktiv. 

Es geht nicht nur um Zölle

„Die geänderten geopolitischen Rahmenbe-dingungen machen eine strategische Neuausrichtung internationaler Partnerschaften der Europäischen Union notwendig“, sagt Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung. Auch die Beziehung mit den USA als einem der wichtigsten Außenhandelspartner Österreichs ließe sich noch stärken. Solche Abkommen zielen nicht nur auf Zölle ab – im Fall von Mercosur könnte der vorgesehene Abbau von 91 Prozent der Zölle europäischen Exporteuren jährlich eine Ersparnis von 4 Mrd. Euro bringen, rechnet die EU-Kommission vor. Für die heimische Industrie ist außerdem eine sichere Rohstoffversor-gung existenziell. Daher müssen Rohstoffpartnerschaften verstärkt werden, auch um die Abhängigkeit von einzelnen Staaten zu reduzieren. Auch die gegenseitige Anerken-nung technischer Standards wäre ein wichtiger Schritt. Selbst innerhalb der EU gibt es nach wie vor einen Fleckenteppich aus Standards, die die Produktion für internationale  Kunden erschweren. 

Nicht zuletzt würde auch ein besserer Zugang zu internationalen öffentlichen Beschaffungsmärkten neue Chancen für österreichische Unternehmen eröffnen. Derzeit haben Unternehmen aus der EU oft nur beschränkten Zugang zur öffentlichen Beschaffung in Drittstaaten, während umgekehrt die Tore weit offen stehen. Das könnte kurzfristig mit bilateralen Abkommen ausgeglichen werden, Ziel ist aber, Drittstaaten wie China oder Indien zu einem Beitritt zum Government Procurement Agreement (GPA) zu bewegen. Dabei handelt es sich um ein Reglement der World Trade Organisation (WTO), das offene, faire und transparente Wettbewerbsbedingungen für die Vergabe öffentlicher Aufträge gewährleisten soll. Die 48 Länder, die den Vertrag bisher unterzeichnet haben, öffnen Aufträge in Höhe von 1,7 Billionen Euro pro Jahr für andere Mitglieder im GPA. „Sollten europäische Unternehmen dauerhaft bei öffentlichen Ausschreibungen diskriminiert werden, muss auch der EU-Binnenmarkt in der Lage sein, durch reziproke Maßnahmen den Marktzugang zu beschränken“,  sagt Löwy.
Rolle der WTO stärken

Die WTO nimmt als Hüterin des multilateralen Handelssystems grundsätzlich eine wesentliche Rolle ein. Die Organisation ist in ihren Mechanismen jedoch teilweise veraltet und muss dringend gestärkt und weiterentwickelt werden, um ihre Rolle in turbulenten Zeiten besser ausüben zu können. Die Bedeutung von Streitbeilegung und Sanktionierung bei Verstößen wächst und dementsprechend schlagkräftig sollte die WTO in diesen Bereichen sein. Die Mitgliedsstaaten der WTO hatten sich im Juni das Ziel gesetzt, den Streitbeilegungsmechanismus bis 2024 zu überarbeiten und bis dahin Vorschläge für eine WTO-Reform zu präsentieren. 

Wenn es um internationalen Handel geht, spielen auch Umweltstandards und umweltfreundliche Produktion eine große Rolle. Österreichische und europäische Unternehmen punkten weltweit mit hohen Standards in Bereichen wie CO2-Emissionen, Sicherheit und Menschenrechte. In einem härter geführten internationalen Wettbewerb ist es jedoch oft schwierig, mit den großen Unterschieden nationaler Standards in diesen Bereichen umzugehen. Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 die Emissionen im Vergleich zum Jahr 1990 um 55 Prozent zu reduzieren. Es handelt sich um das  ambitionierteste Ziel aller relevanten Wirtschaftsräume der Welt. Die EU steht für knapp zehn Prozent des globalen Ausstoßes an Treibhausgasen. Der Kampf gegen den Klimawandel wird Europa nicht allein  gewinnen können. Gleichzeitig schafft diese hohe Ambition in ihrer derzeitigen Form für Europa in wesentlichen Industrien Wettbewerbsnachteile. Alleine in Österreich steht die energieintensive Industrie für eine direkte Wertschöpfung von 14 Milliarden Euro und für rund 137.000 Arbeitsplätze. Um die Nachteile für Unternehmen in Österreich und Europa zu verrimgern und die klimapolitisch ambitionierte Position der EU gegenüber anderen Staaten glaubwürdig zu untermauern, sollte der im Rahmen des EU-Emissionshandels wirkungsvolle Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM), der auf die Treibhausgas-Emissionslast abzielt, durchgesetzt werden.

Erfolgsfaktor Innovation

Der Wandel zu einer klimafreundlichen Wirtschaft ist auch eine technologische Frage. Mit der Entwicklung von Schlüsseltechnologien und Innovationen wird die Energiewende gelingen. Die Digitalisierung bringt aber auch entscheidende Vorteile, wenn es um Effizi-enz und Produktivität geht. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) kann Vorteile in der Produktion bringen, neue Geschäftsmodelle eröffnen und die Wertschöpfung steigern. Das Wissen um diese Potenziale hat einen Wettbewerb auf globaler Ebene zur Folge. Europa droht dabei, den Boden zu verlieren. Im Jahr 2021 lagen die privaten Investitionen in KI weltweit bei 93,5 Milliarden Dollar, was eine Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr bedeutet.

Allein in den USA investierten Private rund 52 Milliarden Dollar, in China rund 17 Milliarden Dollar – die EU liegt mit rund 6 Milliarden Dollar weit abgeschlagen. Hier aufzuholen kann nur gemeinsam gelingen: So ist es für österreichische Unternehmen wichtig, sich bei strategischen Zukunftsthemen europäischen Initiativen wie dem EU-Chips-Act oder dem Souveränitätsfonds anzuschließen. Gleichzeitig sollte die EU auch hier auf Kooperationen mit den Spitzenreitern setzen. Das sind in Innovation und Schlüsseltechno-logien Nationen wie USA, Südkorea, Singapur oder Israel. Die intensive internationale Vernetzung ist für Europa ein entscheidender Erfolgsfaktor im globalen Wettbewerb. 

Fünf Forderungen für fairen internationalen Wettbewerb:

  • Neue Freihandelsabkommen abschließen: Mercosur sowie Mexiko-Abkommen umsetzen, Verhandlungen mit Australien, Indonesien und Indien zügig abschließen, transatlantisches Handelsabkommen mit den USA verhandeln.
  • Internationale Rohstoffpartnerschaften schließen, um die Rohstoffversorgung sicherzustellen
  • Eine faire Klimapolitik, die den Klimawandel begrenzt: Schaffung eines
    „Klimaclubs“, in dem wesentliche Wirtschaftsmächte an gemeinsamen und vergleichbaren Klimazielen arbeiten.
  • WTO-Reform: Das Regelwerk den aktuellen internationalen Erfordernissen anpassen, etwa Wettbewerbsverzerrungen durch verbotene Subventionen konsequenter sanktionieren.
  • Die Effektivität österreichischer Außenwirtschaftsinstrumente steigern und Angebote für Exportfinanzierungen verbessern.