Wirtschaftspolitischer Realitäts-Check: Es gibt keine Alternative!

Die österreichische Wirtschaft schrumpft und viele der Probleme sind hausgemacht. Die nächste Regierung wird wohl auch unangenehme Reformen durchführen müssen. Die Produktivität muss gesteigert werden!

Der Ernst der Lage ist lange Zeit ignoriert worden – Österreich ist in einer Mischung aus konjunktureller und struktureller Rezession, und es ist eine hartnäckige und lange Phase. Erst kürzlich wurde das Minus im Wirtschaftswachstum für 2023 noch weiter nach unten korrigiert – um ein Prozent ist die heimische Wirtschaft vergangenes Jahr geschrumpft und für heuer gehen IHS und Wifo in ihrer jüngsten Prognose ebenfalls von einem Rückgang aus. 2025 soll es wieder ein kleines Plus von einem knappen Prozent geben – viel ist das nicht. Es ist das zweite Rezessionsjahr für Österreich und bereits das dritte für die Industrie. Heimische Unternehmen investieren stärker im Ausland als ausländische Unternehmen in Österreich. Die Rahmenbedingungen stimmen nicht, das Preis-Leistungs-Verhältnis ist in absolute Schieflage geraten.

Dementsprechend muss der Wirtschaftsstandort in den Sondierungsgesprächen im Zentrum der Verhandlungen stehen. Es gibt dazu keine Alternative! Die Zeit der taktischen Wahlkampf-Fantasien ist vorbei. Nun geht es um ein Regierungsprogramm, das auch unpopuläre Reformen im Bereich Arbeitsmarkt (Arbeitslosengeld!) und Pensionen umfasst; ein Programm, das Investitionen in Innovation und Infrastruktur ankurbelt, statt den Konsum mit einer Förder-Gießkanne zu befeuern und die Lohn-Preis-Spirale weiterdrehen zu lassen. Und nicht zuletzt muss die Regierung so aufgesetzt sein, dass diese Reformen und Maßnahmen auch umgesetzt werden und im Regierungsprogramm die nächste Legislaturperiode überdauern.

Eines ist zudem klar: Der Wähler hat neuen Steuerfantasien, wie sie im Wahlkampf gewälzt wurden, eine klare Absage erteilt. Nur 31 Prozent der jetzt im Parlament vertretenen Parteien propagieren diese Ansichten. Allein die Debatte hat dem Standort allerdings bereits geschadet und es wird höchste Zeit, sie nun zu begraben und Unternehmen wieder eine sichere Planungsperspektive zu geben. In Zeiten von Unsicherheiten wie steigenden Lohnstückkosten, hohen Energiepreisen, bürokratischen Belastungen und geopolitischen Spannungen muss ein klares Signal gesetzt werden, dass weitere standortschädigende Maßnahmen ausgeschlossen sind. Wenn Unternehmen nicht damit rechnen können, in Österreich wettbewerbsfähig produzieren zu können, kommt es zu (weiteren) Verlagerungen zahlreicher hochqualitativer Arbeitsplätze sowie von Innovation und Investitionen, die auch Steuereinnahmen bedeuten. Eines ist jedenfalls klar: Es kommen nun Jahre des unangenehmen, aber wichtigen Realitätschecks.

Ihr
Christoph Neumayer,
IV-Generalsekretär