Die Schriftstellerin Andrea Grill erhält den von der österreichischen Industrie gestifteten „Literaturpreis der Österreichischen Industrie – Anton Wildgans“ 2021. Der mit 15.000 Euro dotierte Preis wird bereits seit 1962 von einer unabhängigen Jury vergeben, am 9. September wird er vom Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer, im Wiener Haus der Industrie überreicht.
Die Jury begründet die Auswahl für die diesjährige Auszeichnung wie folgt: „In den Gedichten, Erzählungen und Romanen von Andrea Grill sucht man die großen abstrakten Worte, die gemeinhin sich zu Urteilen entwickeln, ebenso vergeblich wie überschäumende Emotionen oder dramatische Konflikte. Aber man findet stattdessen eine zunächst einmal nüchtern wirkende und dennoch vielsagende Sprache, in der gründliche Sachkenntnis zum Ausdruck kommt, nicht selten auch trockener Humor, eine feine Ironie, und zugleich namentlich eine Empfindsamkeit sondergleichen allen Erscheinungen der Welt gegenüber: seien es Bäume oder Schmetterlinge, seien es die Rede- und Verhaltensweisen der Menschen oder auch ihre Verstellungskünste. Der ganz offensichtlich durch geistes- und naturwissenschaftliche Studien geschärfte Blick auf alle Erscheinungen der Umwelt und der Kultur bleibt niemals kalt, ist vielmehr konsequent aufgehoben in einem literarischen Prozess, in dem anschaulich sichtbar wird, wie sehr es in allem doch darauf ankäme, nicht zuletzt die Perspektive(n) der Betrachtung zu prüfen.“
Geboren 1975 im oberösterreichischen Bad Ischl, studierte Andrea Grill Biologie, Italienisch, Spanisch und Linguistik in Salzburg, Thessaloniki und Tirana. 2003 promovierte sie an der Universität von Amsterdam im Fach Evolutionsbiologie, 2017 habilitierte sie an der Universität Wien. Heute lebt sie als freie Schriftstellerin und Übersetzerin aus dem Albanischen, Italienischen und Niederländischen in Wien und Amsterdam. Ihr literarisches Schaffen steht seit vielen Jahren im Zentrum ihrer Arbeit. So erschienen auch während ihrer Tätigkeit als Forscherin bereits zahlreiche literarische Werke, wie etwa „Der gelbe Onkel. Ein Familienalbum“ (2005), „Das Schöne und das Notwendige“ (2010), Safari, innere Wildnis – Gedichte (2014), „Das Paradies des Doktor Caspari (2015) sowie der 2019 erschienene Roman „Cherubino“, in dem Grill, in Anlehnung an die Figur aus der Mozart-Oper „Le nozze di Figaro“, das zeitgenössische Leitbild der selbstbestimmten Frau entzaubert. Die Autorin ist Trägerin renommierter literarischer Auszeichnungen, wie u.a. dem Otto-Stoessl-Preis, dem Förderpreis des Bremer Literaturpreises sowie dem Förderpreis für Literatur der Stadt Wien. Mit „Cherubino“ gelang ihr zudem der Sprung auf die Longlist des Deutschen Buchpreises 2019.
Die unabhängige Jury des „Literaturpreises der Österreichischen Industrie – Anton Wildgans“ setzt sich aus Prof. Marianne Gruber (Ehrenpräsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Literatur), Univ.-Prof. Dr. Johann Holzner (vorm. Leiter des Brenner-Archivs an der Universität Innsbruck) und Barbara Neuwirth (Schriftstellerin) zusammen. Der Preis wird auf Vorschlag der unabhängigen Jury einem Schriftsteller oder einer Schriftstellerin der jüngeren oder mittleren Generation mit österreichischer Staatsbürgerschaft verliehen, „dessen oder deren Werk von hervorragender Relevanz für die literarische und gesellschaftliche Korrelation unserer Zeit ist“. Er gehört zu den renommiertesten österreichischen Literaturpreisen. Unter den Preisträgerinnen und Preisträgern befinden sich eine Reihe von prominenten Autorinnen und Autoren der Zweiten Republik wie Ingeborg Bachmann, Thomas Bernhard, Michael Köhlmeier, Arno Geiger, Sabine Gruber, Olga Flor, Robert Seethaler, Erich Hackl, Sabine Scholl, Daniel Kehlmann und Reinhard Kaiser-Mühlecker.