Um die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Volkswirtschaft in einer zunehmend digitalisierten Welt zu erhalten, ist die Förderung von Schlüsseltechnologien erforderlich. Dazu zählen die Mikro- und Nanoelektronik, Nanotechnologie, Photonik, industrielle Biotechnologie sowie fortschrittliche Fertigungstechnologien und Materialien, die ein Wachstumsmotor der österreichischen Industrie sind. Das zeigt eine aktuelle Economica-Studie im Auftrag der Industriellenvereinigung und der Jungen Industrie. KET-relevante (Key Enabling Technologies) Berufe, bei denen die Beschäftigung in den vergangenen Jahren mit 1,6 Prozent p.a. überdurchschnittlich gewachsen ist, verlangen spezialisiertes Wissen und Qualifikationen in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT). Daraus leitet sich ein Beschäftigungspotenzial von 58.000 zusätzlichen Arbeitsplätzen bis zum Jahr 2029 ab.
„Unsere heimische Industrie setzt stark auf Schlüsseltechnologien und gewinnt damit an Wirtschafts- und Innovationskraft, quer über alle Branchen. Es ist wichtig, dieses Potenzial zu erkennen, zu halten und strategisch zu unterstützen, um es so weiter auszubauen. Denn nur wenn wir es schaffen, die besten Köpfe und Hände auszubilden, im Land zu halten und darüber hinaus ausländische Talente für Österreich zu gewinnen, werden wir die Innovationskraft absichern und an Technologiesouveränität gewinnen können. Denn wer die Technologie beherrscht, bestimmt über die Zukunft”, sagt Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung, anlässlich der Präsentation der Studienergebnisse.
„Bildung ist der Schlüssel, um nachhaltig den Talentepool im Land zu erweitern. Und Bildung beginnt schon bei den Kleinsten unter uns. MINT-Inhalte im elementarpädagogischen Bereich zu vermitteln, ist essenziell, um früh das Interesse und die Begeisterung der Kinder für Technik zu wecken. Zudem gilt es, die österreichischen HTL’s zu stärken und die Ausbildungen für die KET-Bereiche fit zu machen. Hier müssen wir die Zahl der Graduierten erheblich erhöhen. Gerade HTL’s sind eine der Stärken im österreichischen Bildungssystem und wichtiger Baustein für den Erfolg des Technologiestandorts Österreich“, erklärt Matthias Unger, Bundesvorsitzender der Jungen Industrie.
„Vor zehn Jahren apostrophierte eine Studie von Forschern der Universität Oxford ein „Rennen gegen Maschinen“, welches zu einem Verlust von knapp der Hälfte aller Jobs infolge des Einsatzes von Digitaltechnologien führen würde. Im Unterschied zu früheren Innovationswellen würden sich die Jobverluste zudem nicht auf geringer Qualifizierte beschränken, sondern auch und insbesondere mittel und höher qualifizierte Personen betreffen. Den Ergebnissen jener Untersuchung wurden bis dato jedoch keine quantitativen Angaben zu möglichen Jobzuwächsen infolge des Einsatzes neuer Technologien gegenübergestellt. Tatsächlich fehlen in Österreich allein aufgrund des demografischen Strukturwandels 461.000 Personen im erwerbsfähigen Alter auf Sicht der nächsten 12 Jahre. Darüber hinaus löst der technologische Strukturwandel einen zusätzlichen Personalbedarf von 58.000 Personen mit entsprechenden Kompetenzen in den industriellen Schlüsseltechnologien aus. Hinzu kommt ein zyklisch bedingter Mehrbedarf an Arbeitskräften im Zuge des nächsten Aufschwunges. Somit ist die Arbeitskräftelücke mit mehr als einer halben Million Beschäftigten in Österreich zu beziffern. Durch den Abbau von Arbeitslosigkeit wird sich diese bei weitem nicht schließen lassen“, so Christian Helmenstein, Mitglied des Vorstandes Economica.
Die Industrie empfiehlt in der Frage der Zukunftssicherung Maßnahmen in drei zentralen Bereichen. Zum ersten muss der angekündigte „MINT-Masterplan“ auf die Zielsetzung der Bundesregierung ausgerichtet werden, die Zahl der MINT-Graduierten bis 2030 um 20 Prozent zu erhöhen. Zweitens braucht es klare Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel, um die Leistungspotenziale im Land zu erhöhen: kurzfristig beispielsweise steuerliche Anreize für Überstunden und einen Wechsel von Teilzeit auf Vollzeit, über Entlastung für Menschen, die nach Antritt des Pensionsalters in Beschäftigung bleiben, bis hin zu Anreizen zur Mitarbeiterbindung durch Vergünstigungen im Bereich Wohnen. Langfristig z.B. eine weitere Attraktivierung der Lehrausbildung und innovative Zuwanderungsmodelle wie Ausbildungspartnerschaften mit Drittstaaten. Zuletzt sollten Potenziale von Initiativen auf EU-Ebene strategisch und vermehrt genutzt werden und auch nationale Maßnahmen klug umgesetzt werden, wie beispielsweise die Transformationsoffensive mit geplanten 600 Mio. Euro für den Wirtschafts- und Forschungsstandort.
Kernergebnisse der Studie „Beschäftigungspotenziale durch Schlüsseltechnologien“