Anlässlich der „Fachtagung Straße, Schiene, Strom“, die gestern im Haus der Industrie stattfand, warnten Vertreter der drei wichtigsten Infrastrukturbetreiber vor den Folgen jahrelang ausufernder Genehmigungsverfahren für Infrastrukturprojekte. Am Podium, im Anschluss an die Fachtagung, diskutierten Andreas Matthä, Vorstandsvorsitzender ÖBB, Gerhard Christiner, technischer Vorstand APG, Hartwig Hufnagl, Vorstandsdirektor ASFINAG sowie Christian Helmenstein, Chefökonom der IV, darüber, welche Rahmenbedingungen für eine zukunftssichere Infrastruktur nötig sind, damit die Energiewende gelingt. Es gehe nicht nur darum ambitionierte Zielsetzungen zu formulieren, sondern auch konkrete Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung vorzulegen. Entsprechende Vorschläge von Wirtschaft und Industrie lägen seit geraumer Zeit am Tisch. Zentral dafür seien einerseits der Ausbau der Erneuerbaren-Produktion, damit die Ziele erreicht werden, andererseits die Entwicklung nachhaltiger Ideen und der Ausbau für Straßen-, Schienen- und Strominfrastrukturprojekte. Neben einem steigenden Strombedarf gehe es unter anderem um Infrastruktur wie E-Ladestationen, damit etwa die E-Mobilität Fahrt aufnimmt oder um den Umstieg den nachhaltigen Transport per Bahn.
Gerhard Christiner, technischer Vorstand von APG: „Die sichere Stromversorgung ist die Basis unserer modernen, nachhaltigen, digitalen Gesellschaft. APG mit seiner Strominfrastruktur ist Schlüsselfaktor für die Integration der erneuerbaren Energie in Österreich. Dies ist die Voraussetzung, um die Klima- und Energieziele sowie die Elektrifizierung von Gesellschaft, Wirtschaft und der Industrie zu erreichen. Für das Gelingen der Energiewende, aber auch für die sichere Transformation, brauchen wir eine ausgebaute Strominfrastruktur sowie die Nutzung modernster Technologien: Nur, wenn wir entsprechende Leitungskapazitäten in Österreich verfügbar haben und mittels digitaler Plattformtechnologien alle Akteure des Energiesystems integrieren können, haben wir auch in Zukunft die Managementtools, die wir für die sichere Stromversorgung Österreichs benötigen. Gleichzeitig braucht es beschleunigte Genehmigungsverfahren, damit die zeitgerechte Umsetzung von aller APG-Investitionsprojekte im Volumen von rund 3,5 Milliarden Euro wirksam werden. Klar ist, dass jeder Akteur des Stromsystems zurecht von einer maximal möglichen Versorgungsqualität ausgeht. Als Übertragungsnetzbetreiber steht dieses Kundeninteresse im Zentrum unserer Gesamtstrategie und -verantwortung.“
ASFINAG-Vorstand Hartwig Hufnagl betonte vor allem die enorme Hebelwirkung, welche die großen österreichischen Infrastruktur-Unternehmen für die Bewältigung der Klimakrise haben: „Die ASFINAG ist ein wesentlicher Partner für die Mobilitätswende in Österreich. Mit alternativen Vertragsmodellen und ökosozialen Vergabekriterien können wir Infrastruktur nachhaltig planen, bauen und betreiben.“ Als nachhaltiger Mobilitätspartner sei die ASFINAG in Zukunft aber auch vor allem bei der Transformation des Individualverkehrs gefordert: „Wir setzen auf Elektromobilität sowohl bei unserem eigenen Fuhrpark als auch für unsere Kunden, für die wir bis 2030 mehr als 1.000 Ladepunkte auf den Autobahnen und Schnellstraßen schaffen.“ Der Strom dafür soll zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie stammen. Die Möglichkeiten entlang der Autobahnen und Schnellstraßen, künftig betriebsnotwendige Photovoltaik-Anlagen zu errichten, wurde erst kürzlich mit der BStG-Novelle 2021 erweitert. Dasselbe gilt für die Errichtung bzw. Anbindung von Park & Ride-Anlagen und Park & Drive-Anlagen an das hochrangige Straßennetz. Im Hinblick auf UVP-Verfahren wären aus Sicht des Straßenbetreibers z.B. eine Vollkonzentration der Verfahren und sachgerechte Beschleunigungsmaßnahmen, wie eine stärkere Strukturierung der Verfahrensabläufe, sinnvoll.
IV-Vize-Generalsekretär Peter Koren betonte die zentrale Bedeutung großer Infrastrukturprojekte für den heimischen Industriestandort: „Ohne entsprechende Verkehrsinfrastruktur wird das Entwicklungspotenzial für ein kleines, exportorientiertes Land wie Österreich gehemmt. Ein leistungsfähiges Stromnetz ist wiederum die Basis für das Gelingen der Energiewende, gerade die Industrie ist auf eine sichere und stabile Stromversorgung angewiesen. Die Umstellung auf strombasierte, klimafreundliche Industrieproduktion bedingt die permanente Verfügbarkeit von erneuerbarem Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen in ausreichenden Mengen, wie das Beispiel der geplanten Elektrifizierung der Stahlerzeugung bei der voestalpine zeigt.“ Koren verwies auf die avisierte Teil-Umstellung von Hochöfen auf Elektrolichtbogenöfen an den voestalpine-Standorten Linz und Donawitz und die damit einhergehende CO2-Einsparung von 30 Prozent bis 2030.
„Für die ÖBB ist Verkehrsverlagerung ein wesentlicher Schlüssel zur Dekarbonisierung – und dafür werden wir auch mehr grünen Strom brauchen. Der Kampf gegen den Klimawandel ist ein Wettlauf gegen die Zeit – umso wichtiger ist es, Genehmigungsverfahren für nachhaltige Verkehrsprojekte und für den Ausbau erneuerbarer Energie zu beschleunigen und diese Projekte auch finanziell entsprechend zu fördern. Am Ende des Tages muss jede kWh grüner Strom gleich viel an Förderung wert sein – egal, ob für Normalstrom oder Bahnstrom. Nur so werden wir österreichweit das volle Potenzial an CO2-Reduzierung im Verkehrssektor heben können“, schloss Andreas Matthä, Vorstandsvorsitzender der ÖBB.